Die Grenzen der Welt

Eine Welterkundung


Ushuaia

Ushuaia—Das Ende der Welt

30.12.2024–04.01.2025

Ushua­ia, aus­ge­spro­chen [uˈs­waʝa], ist die süd­lichs­te Stadt Argen­ti­ni­ens. Es ist auch die süd­lichs­te Stadt der Welt, da der noch süd­li­cher gele­ge­ne chi­le­ni­sche Ort Puer­to Wil­liams nur etwa 2300 Ein­woh­ner hat und daher kei­ne Stadt, son­dern ein Dorf ist. Ushua­ia hat dage­gen mehr als 82000 Ein­woh­ner. Wegen sei­ner süd­li­chen und abge­le­ge­nen Lage wird in Ushua­ia ein Image als das »Ende der Welt« gepflegt.

Ushua­ia liegt am Bea­gle-Kanal an der Süd­sei­te der Haupt­in­sel Isla Gran­de de Tier­ra del Fue­go von Feu­er­land. Beson­ders schön ist der Ort nicht, aber bei gutem Wet­ter kann man eine beein­dru­cken­de Gebirgs­ku­lis­se hin­ter der Stadt sehen. Um nach den teu­ren Expe­di­tio­nen in Chi­le mei­nen Geld­beu­tel zu scho­nen, habe ich hier mal wie­der in einem Hos­tel­bett über­nach­tet.

Gegrün­det wur­de Ushua­ia 1869 als Mis­si­ons­sta­ti­on von eng­li­schen Mis­sio­na­ren, aber bereits 1884 wur­de der Ort von Argen­ti­ni­en erobert. Von 1902 bis 1920 wur­de ein Gefäng­nis gebaut und Ushua­ia zu einer Art Sträf­lings­ko­lo­nie. Das Gefäng­nis, das von den Sträf­lin­gen selbst gebaut wur­de, wur­de 1947 auf­ge­löst und beher­bergt heu­te das Museo Marí­ti­mo. Neben Aus­stel­lun­gen über die Geschich­te der Schiff­fahrt und diver­ser Ant­ark­tis-Expe­di­tio­nen kann man im Muse­um auch eini­ge her­ge­rich­te­te Gefäng­nis­zel­len mit Häft­lings­pup­pen als Insas­sen sowie den Nach­bau eines Leucht­turms aus Holz, den Faro de San Juan de Sal­va­men­to, sehen. Die­ser stand urprüng­lich auf der Staa­ten­in­sel und war Vor­bild für den »Leucht­turm am Ende der Welt« des gleich­na­mi­gen Romans von Jules Ver­ne. Ver­nes Leucht­turm war aller­dings aus Stein.

Ein ande­res Muse­um in Ushua­ia ist das Museo del Fin del Mun­do im ehe­ma­li­gen Gebäu­de der Natio­nal­bank. Unter ande­rem gibt es hier eine Abtei­lung über die Lebens­wei­se der Urein­woh­ner von Feu­er­land, der Yáma­na und der Selk’nam, ihre Mis­sio­nie­rung im 19. Jahr­hun­dert und ihre anschlie­ßen­de Aus­rot­tung, an der neben den von Mis­sio­na­ren ein­ge­schlepp­ten Krank­hei­ten auch regel­rech­te von Sied­lern orga­ni­sier­te Jag­den ver­ant­wort­lich waren. Fotos davon, die der aus Rumä­ni­en stam­men­de Julio Pop­per gemacht hat, sind im Muse­um eben­falls zu sehen. Ein Teil des Muse­ums ist in die ein paar Hun­dert Meter ent­fern­te Anti­gua Casa de Gobier­no aus­ge­la­gert.

In einer ande­re Abtei­lung des Museo del Fin del Mun­do sind Gegen­stän­de und Fotos des 1930 auf einen Fel­sen auf­ge­lau­fe­nen deut­schen Pas­sa­gier­schiffs Mon­te Cer­van­tes zu sehen. Die Mon­te Cer­van­tes wird auch als »Tita­nic des Südens« bezeich­net. Zum Unter­gang der Mon­te Cer­van­tes gibt es den Doku­men­tar­film »Tauch­fahrt in die Vergangenheit—Das Rät­sel der Mon­te Cer­van­tes« von Marc Bras­se aus dem Jah­re 2006.

An der Ufer­pro­me­na­de von Ushua­ia liegt das Schiffs­wrack der Saint Chris­to­pher, das 1954 das Wrack der Mon­te Cer­van­tes ber­gen und in den Hafen von Ushua­ia schlep­pen soll­te. Das Unter­neh­men schlug fehl, und die Saint Chris­to­pher wur­de dabei selbst zum Wrack. Heu­te ist es ein belieb­tes Foto­mo­tiv am Bea­gle-Kanal. Der argen­ti­ni­sche Spiel­film »La Tier­ra del Fue­go se apa­ga« des mexi­ka­ni­schen Regis­seurs Emi­lio Fernán­dez aus dem Jah­re 1955 wur­de zu einem gro­ßen Teil in Ushua­ia gedreht und ent­hält die letz­ten Film­auf­nah­men der Saint Chris­to­pher als Pas­sa­gier­schiff.

Die Bahía Encer­ra­da ist ein klei­nes Natur­schutz­ge­biet mit­ten in Ushua­ia mit einem ein­zig­ar­ti­gen Blick auf die Stadt und die Ber­ge. Auf einem Rund­weg kommt man an drei restau­rier­ten alten Holz­häu­sern vor­bei, der Casa For­t­u­na­to Beban, der Casa Pena und der Casa Lisar­do Gar­cía. Am Rand des Natur­schutz­ge­biets liegt das his­to­ri­sche Stadt­vier­tel La Misión, wel­ches eben­falls aus Holz­häu­sern besteht. Es woh­nen dort aller­dings kei­ne Mis­sio­na­re, son­dern Ange­hö­ri­ge des Mili­tärs.

Eine Fahrt auf dem Beagle-Kanal

31.12.2024

Eine wich­ti­ge Akti­vi­tät in Ushua­ia, neu­deutsch ein Must-Do, ist eine Schiffs­fahrt auf dem Bea­gle-Kanal. Sol­che Fahr­ten fin­den in Ushua­ia täg­lich statt und füh­ren an den Islo­tes les Éclar­eurs vor­bei zur Isla Mar­til­lo.

Bei den Islo­tes les Éclair­eurs gibt es See­lö­wen, Kor­mo­ra­ne und den Faro les Éclar­eurs zu sehen.

Auf der Wei­ter­fahrt zur Isla Mar­til­lo kommt das Schiff am chi­le­ni­schen Ort Puer­to Wil­liams vor­bei, aus chi­le­ni­scher Sicht die süd­lichs­te Stadt der Welt, in Wirk­lich­keit aber kei­ne Stadt, son­dern ein Dorf.

Das Ziel der Schiffs­fahrt war die Isla Mar­til­lo. Das Schiff hielt eine gan­ze Wei­le am Ufer, wo man Unmen­gen an Fotos von Magel­l­an­pin­gui­nen schie­ßen konn­te. Es gibt auch teu­re­re Schiffs­fahr­ten, auf denen man hier an Land gehen kann, wozu mei­ne preis­wer­te­re Tour lei­der nicht gehör­te.

Danach ging es wie­der zurück nach Ushua­ia. Lei­der war es an die­sem Tag ziem­lich bewölkt. Auf dem Rück­weg durch den Bea­gle-Kanal fuhr ein Expe­di­ti­ons­kreuz­fahrt­schiff in Rich­tung Ant­ark­tis vor­bei.

Der Syl­ves­ter­abend in Ushua­ia war ziem­lich ruhig. Es gab weder eine Syl­ves­ter­par­ty im Hos­tel noch ein Feu­er­werk am Bea­gle-Kanal.

Mit dem »Tren del Fin del Mundo« in den Nationalpark Tierra del Fuego

02.01.2025

Der Tren del Fin del Mun­do ist die süd­lichs­te Eisen­bahn der Welt. Ursprüng­lich star­te­te der Zug am Gefäng­nis und brach­te Häft­lin­ge zum Holz­fäl­len in den Wald im heu­ti­gen Natio­nal­park Tier­ra del Fue­go. Die Eisen­bahn­stre­cke wur­de von den Häft­lin­gen selbst gebaut. 1952 wur­de sie geschlos­sen und 1994 für Tou­ris­ten neu eröff­net. Heu­te ist der Aus­gangs­punkt der Fahrt mit dem Nach­bau einer his­to­ri­schen Dampf­lo­ko­mo­ti­ve aller­dings nicht das Gefäng­nis, son­dern die etwa acht Kilo­me­ter west­lich von Ushua­ia gele­ge­ne Estación Fin del Mun­do. Am Bahn­hof konn­te man sich mit Dar­stel­lern in Häft­lings­klei­dung foto­gra­fie­ren las­sen. Aber nur, wenn man das unbe­dingt woll­te. Im Zug konn­te man sich mit einem Ohr­höh­rer Erklä­run­gen zur Fahrt anhö­ren.

Der ers­te Halt war die Estación La Mac­a­re­na, wo man eine klei­ne Wan­de­rung zu einem nicht beson­ders spek­ta­ku­lä­ren Was­ser­fall machen konn­te. Auch hier gab es wie­der Häft­lings-Dar­stel­ler.

Der End­bahn­hof Estación Par­que Nacio­nal ist der süd­lichs­te Bahn­hof der Welt und wur­de nach einer ins­ge­samt 45 Minu­ten dau­ern­den Zug­fahrt erreicht. Von hier aus ging es auf der orga­ni­sier­ten Tour, die ich in den Natio­nal­park gemacht habe, mit einem Van wei­ter, zunächst zur Bahía Ensena­da Zara­tie­gui, einer Bucht am Bea­gle-Kanal in der Nähe der Gren­ze zu Chi­le.

Hier befin­det sich auch ein berühm­tes Post­amt, wel­ches seit kur­zem aus Sicher­heits­be­den­ken wegen des wacke­li­gen Stegs lei­der geschlos­sen ist. Frü­her bekam man hier einen Stem­pel in den Rei­se­pass. Das Post­amt ist aller­dings nicht das süd­lichs­te Post­amt der Welt, wie oft behaup­tet wird. Die­ses ist auch nicht das Post­amt auf der Gou­dier-Insel, son­dern ein US-Post­amt bei der Amund­sen-Scott-Süd­pol­sta­ti­on.

Eine belieb­te Wan­de­rung im Natio­nal­park ist die Sen­da Cas­to­rera. Im Gan­zen ist sie etwa acht Kilo­me­ter lang und dau­ert zwei bis drei Stun­den. Wir haben auf der Tour aber nur einen klei­nen Teil gemacht und konn­ten dabei einen Kana­di­schen Biber zu sehen. Kana­di­sche Biber wur­den 1946 in Feu­er­land ange­sie­delt, um eine loka­le Pelz­in­dus­trie zu eta­blie­ren. Ohne natür­li­che Fein­de wur­den sie hier aller­dings zur Pla­ge. Die Biber errich­ten künst­li­che Däm­me, die die natür­li­chen Was­ser­we­ge umlei­ten und dadurch zu Über­flu­tun­gen füh­ren. Und die vom Biber­biss geplag­ten Bäu­me erho­len sich hier, anders als die wider­stand­fä­hi­ge­ren in Kana­da, auch nicht so leicht und ster­ben ab. Aus den ursprüng­lich 25 aus­ge­setz­ten Bibern sind inzwi­schen an die 200000 gewor­den, die einen erheb­li­chen Scha­den für die Umwelt anrich­ten. Und da das Fell der Biber in Feu­er­land weni­ger dicht ist als das der­je­ni­gen in Kana­da, ist es für die Pelz­in­dus­trie nahe­zu unge­eig­net.

Für Auto­fah­rer befin­det sich das Ende der Welt nicht in der Stadt Ushua­ia, son­dern am Ende der Pan­ame­ri­ca­na, die hier im letz­ten Abschnitt die argen­ti­ni­sche Bezeich­nung »Ruta Nacio­nal 3« hat. Die Stra­ße endet kurz vor der Bahía Lapa­ta­ia, einer wei­te­ren Bucht am Bea­gle-Kanal. Die Gegend war Streit­punkt im soge­nann­ten »Bea­gle-Kon­flikt« zwi­schen Chi­le und Argen­ti­ni­en und gehört seit dem Grenz­ver­trag von 1881 zu Argen­ti­ni­en. Vom Park­platz am Ende der Pan­ame­ri­ca­na aus kann man die Bucht auf einem kur­zen Spa­zier­gang errei­chen.

Dann ging es noch zum Lago Roca, der poli­tisch kor­rekt in der Spra­che der Yáma­na Aci­ga­mi (läng­li­cher Korb oder Beu­tel) heißt. Zwei Drit­tel des Sees lie­gen in Chi­le. Das Wet­ter wur­de jetzt lang­sam unge­müt­lich und es bahn­te sich ein Regen an. Wir hat­ten aber noch ein­mal Glück und kamen im Van tro­cken zurück nach Ushua­ia.

Wanderung zur Laguna Esmeralda

03.01.2025

In der Gegend um Ushua­ia kann man vie­le Wan­de­run­gen unter­neh­men. Die Orga­ni­sa­ti­on ist auch ohne eige­nes Auto ein­fach, da von der Bus­hal­te­stel­le in Ushua­ia Shut­tle­bus­se zu allen mög­li­chen Aus­gangs­punk­ten für Wan­de­run­gen fah­ren. Ich habe eine Wan­de­rung zur Lagu­na Esme­ral­da gemacht. Der rela­tiv ein­fach zu bewäl­ti­gen­de Weg vom Park­platz zur Lagu­ne ist vier­ein­halb Kilo­me­ter lang und dau­ert etwa ein­ein­halb Stun­den. Es war ziem­lich bewölkt.

Die Lagu­na Esme­ral­da heißt so wegen ihrer sma­ragd­grü­nen Far­be. Es scheint einen Rund­weg um die Lagu­ne zu geben. Aller­dings ist es mir nicht gelun­gen, die Lagu­ne zu umrun­den, da der Weg an der gegen­über­lie­gen­den Sei­te in einer Wie­se mit einem Bach ende­te.

Man kann auch noch wei­ter zu einem Glet­scher gehen. Der Weg dahin ist aller­dings nicht so ein­fach wie der Weg zur Lagu­ne, und man muss dazu bereits früh am Mor­gen auf­bre­chen, was ich nicht getan habe. Auf dem Rück­weg von der Lagu­ne zurück zum Park­platz klar­te das Wet­ter etwas auf und es waren ein paar mehr Gip­fel zu sehen als auf dem Hin­weg.

Unten am Park­platz muss­te ich dann noch eine gan­ze Stun­de auf den Shut­tle zurück nach Ushua­ia war­ten. Es stan­den auch über­teu­er­te Taxis bereit, die ich dan­kend abge­lehnt habe. Als Fazit der Wan­de­rung muss ich lei­der sagen, dass für mich das Wet­ter in Ushua­ia, genau­ge­nom­men in ganz Pata­go­ni­en und Feu­er­land, für län­ge­re Wan­de­run­gen zu unbe­stän­dig gewe­sen war.


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