Die Grenzen der Welt

Eine Welterkundung


Ventus Australis

Mit der Ventus Australis durch die Fjorde und Kanäle Südpatagoniens

26.12.2024–30.12.2024

Von Pun­ta Are­nas aus kann man in etwa zwölf Stun­den mit einem Bus durch Feu­er­land nach Ushua­ia, der süd­lichs­ten Stadt Argen­ti­ni­ens, fah­ren. Statt­des­sen kann man aber auch mit einem Schiff des chi­le­ni­schen Unter­neh­mens Aus­tra­lis eine Expe­di­ti­ons­kreuz­fahrt durch die Fjor­de und Kanä­le Süd­pa­ta­go­ni­ens machen. Es gibt zwei Schif­fe, die Stel­la Aus­tra­lis und die Ven­tus Aus­tra­lis. Jedes die­ser Schif­fe fährt ein­mal wöchent­lich von Pun­ta Are­nas nach Ushua­ia und zurück. Bei gutem Wet­ter wird dabei auch die Kap-Hoorn-Insel ange­fah­ren, was laut Infor­ma­tio­nen auf der Web­sei­te des Unter­neh­mens in etwa 85 % der Fäl­le gelin­gen soll. Die Aus­tra­lis-Schif­fe haben dafür das Mono­pol, und ent­spre­chend hohe Mono­pol­prei­se wer­den daher für die fünf Tage/vier Näch­te dau­er­en­den Fahrt ver­langt. Eine Stan­dard­ka­bi­ne kos­tet bei Ein­zel­be­le­gung etwa 7800 Dol­lar. Es gibt aber auch wesent­lich teu­re­re und eini­ge weni­ge »preis­wer­te« Kabi­nen.

Da ich wenigs­tens am Kap Hoorn vor­bei­fah­ren woll­te, habe ich ab dem 26.12.2024 eine Fahrt in der letz­ten frei­en »preis­wer­ten« Kabi­ne der Ven­tus Aus­tra­lis für etwa 5000 Dol­lar gemacht. Das Schiff war mit 161 Pas­sa­gie­ren nicht ganz voll belegt; ins­ge­samt gibt es Platz für 210 Pas­sa­gie­re. Um etwa 18 Uhr fand das Boar­ding statt. Bereits Stun­den vor­her muss­te man ein­che­cken.

Abends ging es in süd­li­che Rich­tung durch die Magel­lan­stra­ße.

Am nächs­ten Mor­gen haben wir den Almi­ran­taz­go-Fjord, einen Neben­arm der Magel­lan­stra­ße in öst­li­che Rich­tung, erreicht.

Nach dem Früh­stück gin­gen wir an der Ains­worth-Bucht mit soge­nann­ten Zodiac-Schlauch­boo­ten an Land.

Die Ains­worth-Bucht liegt im Natio­nal­park Alber­to de Ago­s­ti­ni. Man konn­te hier zwi­schen drei ver­schie­de­nen Wan­de­run­gen wäh­len, einer anspruchs­vol­len Wan­de­rung über den Kamm einer Glet­scher­morä­ne, einer mit­tel­schwe­ren Wan­de­rung und einem leich­ten Spa­zier­gang. Auf dem Schiff wur­de die anspruchs­vol­le Wan­de­rung als beson­ders schwie­rig geschil­dert; daher habe ich mich für die mit­tel­schwe­re ent­schie­den, auf dem uns ein Anden­kon­dor stän­dig beglei­te­te.

Spä­ter beim Mit­tag­essen auf dem Schiff haben mir dann jedoch Teil­neh­mer der anspruchs­vol­len Wan­de­rung gesagt, dass auch die­se leicht zu bewäl­ti­gen und nicht so schwie­rig, wie vor­her geschil­dert, gewe­sen sei. Und auch die mit­tel­schwe­re Wan­de­rung war eigent­lich nur eine ein­fa­che Wan­de­rung.

Nach­mit­tags fuh­ren wir mit den Zodiacs zu der eben­falls im Almi­ran­taz­go-Fjord gele­ge­nen Insel­grup­pe der Tucker-Inseln, wo sich eine Kolo­nie von Magel­l­an­pi­nu­gi­nen auf­hielt.

Um die Pinu­gi­ne nicht zu stö­ren, konn­ten wir hier aller­dings nicht an Land gehen und Fotos nur vom Boot aus machen.

Auf den Tucker-Inseln gibt es auch noch ande­re Vogel­ar­ten, z. B. Blau­au­genschar­ben, die in klei­nen Höh­len in Fels­wän­den nis­ten.

Abends gin­ge es dann durch den Almi­ran­taz­go-Fjord den­sel­ben Weg wie­der zurück in die Magel­lan­stra­ße.

Bei star­kem Wind wur­de die Feu­er­land-Insel­grup­pe in der Nacht west­lich auf dem Pazi­fi­schen Oze­an umfah­ren. Am spä­ten Vor­mit­tag des fol­gen­den Tages haben wir dann den Bra­zo Noroes­te, eine nörd­li­che Vari­an­te des öst­li­chen Teils des Bea­gle-Kanals, erreicht. Der Bea­gle-Kanal, eine süd­lich der Magel­lan­stra­ße gele­ge­nen Durch­fahrt vom Atlan­tik zum Pazi­fik, wur­de erst 1831 von Robert Fitz­Roy ent­deckt und nach des­sem For­schungs­schiff HMS Bea­gle benannt. Auch Charles Dar­win ist auf sei­ner Welt­um­se­ge­lung 1831–1836 zusam­men mit Robert Fitz­Roy auf der HMS Bea­gle durch den Bea­gle-Kanal gefah­ren. Die BBC-Fern­seh­se­rie »Die Rei­se von Charles Dar­win« aus dem Jah­re 1978 han­delt von die­ser Welt­um­se­ge­lung.

An die­sem Tag gab es auch die Mög­lich­keit, die Brü­cke und den Maschi­nen­raum der Ven­tus Aus­tra­lis zu besich­ti­gen.

Ein Neben­fjord des Bea­gle-Kanals in Rich­tung Nor­den ist der Pia-Fjord, den wir gegen Mit­tag erreich­ten.

Am Ende des Pia-Fjords befin­det sich die Pia-Bucht mit dem Pia-Glet­scher. Hier sind wir dem ande­ren der Aus­tra­lis-Schif­fe, der Stel­la Aus­tra­lis, auf ihrer Fahrt von Ushua­ia nach Pun­ta Are­nas begeg­net.

Am Nach­mit­tag gin­gen wir wie­der mit den Zodiacs an Land. Dies­mal gab es die Aus­wahl zwi­schen zwei ver­schie­de­nen Wan­de­run­gen. Ich habe mich für den gemüt­li­chen Spa­zier­gang ent­schie­den, da uns da die bes­te Aus­sicht auf den Glet­scher ver­spro­chen wur­de. Am Glet­scher ange­kom­men haben wir dann eine medi­ta­ti­ve Pau­se ein­ge­legt, in der wir das Kra­chen hören konn­ten, wenn mal wie­der ein Teil des Glet­schers abge­bro­chen ist.

Zurück auf dem Bea­gle-Kanal ging es nach­mit­tags durch die soge­nann­te »Allee der Glet­scher«, auf der man in kur­zer Abfol­ge an fünf Glet­schern vor­bei­kommt. Der ers­te war der Roman­che-Glet­scher.

Die meis­ten Glet­scher der »Allee der Glet­scher« sind nach Län­dern benannt. Auf dem Schiff wur­den Spe­zia­li­tä­ten des jewei­li­gen Lan­des ser­viert. Am Ale­ma­nia-Glet­scher gab es Wurst und Bier.

Am Fran­cia-Glet­scher gab es Käse und Cham­pa­gner.

Am Ita­lia-Glet­scher gab es Piz­za und Wein.

Und am Hol­an­da-Glet­scher gab es Krap­fen.

Am nächs­ten Mor­gen stand der Höhe­punkt der Expe­di­ti­on, die Fahrt zum Kap Hoorn, auf dem Pro­gramm. Bis zum Abend vor­her war aller­dings noch nicht klar, ob das Wet­ter einen Land­aus­flug zulas­sen wür­de. Am Mor­gen wur­den wir dann jedoch von einem son­ni­gen und wind­stil­len Wet­ter über­rascht, und wir konn­ten mit den Zodiacs an der Kap-Hoorn-Insel anle­gen.

Die Kap-Hoorn-Insel gehört zusam­men mit den umlie­gen­den Inseln zum Natio­nal­park Kap Hoorn. Auf der Insel steht ein Leucht­turm, an dem ein Wohn­haus grenzt, in dem für jeweils zwölf Mona­te eine chi­le­ni­sche Fami­lie die Stel­lung hält. Mit dem Ver­kauf von Sou­ve­nirs erwirt­schaf­tet sie sich dabei einen klei­nen Neben­ver­dienst.

Neben dem Wohn­haus der Kap-Hoorn-Fami­lie steht die Kapel­le Stel­la Maris.

Im Jah­re 1992 wur­de auf der Kap-Hoorn-Insel ein Denk­mal des Künst­lers José Bal­cells ein­ge­weiht, das einen sti­li­sier­ten Alba­tros dar­stellt.

Das eigent­li­che Kap Hoorn ist jedoch nicht hier, son­dern ein Gip­fel auf einem ande­ren Teil der Insel, den man vom Alba­tross-Denk­mal aus gut sehen kann.

Zum ers­ten Mal umrun­det wur­de Kap Hoorn im Jah­re 1616 von den nie­der­län­di­schen See­fah­rern Wil­lem Cor­ne­lisz Schou­ten und Jacob Le Mai­re. Benannt ist Kap Hoorn nach Schou­tens Gebur­stadt Hoorn. Die spä­ter auf­ge­stell­te Behaup­tung, Fran­cis Dra­ke hät­te Kap Hoorn bereits 1578 umrun­det, ist falsch. Und auch wir haben mit der Ven­tus Aus­tra­lis das Kap Hoorn lei­der nicht umrun­det, son­dern sind auf dem­sel­ben Weg, auf dem wir gekom­men sind, wie­der zurück­ge­fah­ren.

Am Nach­mit­tag gab es dann noch einen kur­zen Land­aus­flug an der Wula­ia-Bucht. Hier leb­te frü­her das inzwi­schen aus­ge­rot­te­te Volk der Yáma­na.

Wäh­rend der Nacht blieb das Schiff in der Nähe des am Bea­gle-Kanal gegen­über von Ushua­ia lie­gen­den Ortes Puer­to Nava­ri­no, in dem die Grenz­for­ma­li­tä­ten für die Ein­rei­se nach Argen­ti­ni­en erle­digt wur­den. Um die Grenz­for­ma­li­tä­ten brauch­ten wir uns selbst aber nicht zu küm­mern.

Am nächs­ten Mor­gen ende­te die Expe­di­ti­ons­kreuz­fahrt dann in Ushua­ia, der süd­lichs­ten Stadt Argen­ti­ni­ens.


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Kommentare

2 Antworten zu „Mit der Ventus Australis durch die Fjorde und Kanäle Südpatagoniens“

  1. Avatar von Andi Fehrer
    Andi Fehrer

    Dan­ke für die tol­len Bil­der und die inter­es­san­ten Berich­te. Dass ich ein­mal Kap Hoorn erle­ben darf, ist schon was beson­de­res.

    Bist Du eigent­lich nie krank?

    1. Avatar von Bernd Rellermeyer

      Nein, krank war ich bis jetzt noch nicht. Man lebt als Rent­ner ja auch rich­tig auf.

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