Die Grenzen der Welt

Eine Welterkundung


Potosí

Potosí

31.10.2024–03.11.2024

Der Bus von Sucre nach Poto­sí benö­tigt etwa fünf Stun­den. Poto­sí liegt auf etwa 4000 Metern Höhe auf dem Alti­pla­no, einer Hoch­ebe­ne in den Anden, die sich von Süd­pe­ru über West­bo­li­vi­en nach Nord­chi­le erstreckt. Abends wird es hier recht kühl.

Seit 1987 ist das Zen­trum von Poto­sí UNESCO-Welt­kul­tur­er­be. Des­we­gen sind die his­to­ri­schen Gebäu­de alle in einem guten Zustand, was man vom Rest der Stadt nicht sagen kann. Außer­halb des restau­rier­ten Zen­trums macht die Stadt einen ver­fal­le­nen Ein­druck. Der Haupt­platz von Poto­sí mit der Kathe­dra­le heißt Pla­za 10 de Noviembre.

Wei­te­re Gebäu­de im Zen­trum von Poto­sí sind u. a. die Casa de la Mone­da, die Policía nacio­nal, das Regie­rungs­ge­bäu­de des Regie­rungs­be­zirks von Poto­sí und das Tea­t­ro Mode­s­to Omis­te.

Manch­mal sieht man auf den Stra­ßen von Poto­sí Men­schen in Zebra­kos­tü­men, die den Ver­kehr regeln. Sie wer­den Cebri­tas genannt. Zum ers­ten Mal habe ich sol­che Cebri­tas in La Paz gese­hen und mich dar­über gewun­dert, bis mir der Füh­rer der »Free Wal­king Tour« dort erklärt hat, dass es sich hier­bei um Frei­wil­li­ge han­delt, die von der Stadt­ver­wal­tung zur Ver­kehrs­er­zie­hung ein­ge­setzt wer­den und u. a. auch dafür sor­gen sol­len, dass die Zebra­strei­fen von den Auto­fah­rern respek­tiert wer­den. Jetzt gibt es Cebri­tas auch in ande­ren boli­via­ni­schen Städ­ten.

Reich gewor­den ist Poto­sí durch sei­ne Sil­ber­mi­nen im Cer­ro Rico. Im Jah­re 1611 war Poto­sí eine der größ­ten und reichs­ten Städ­te der Welt. Ab 1572 wur­de an der Pla­za 10 de Noviembre eine Münz­prä­ge­an­stalt gebaut, die heu­ti­ge Anti­gua Casa Real de Mone­da. Die neue Casa Real de la Mone­da ent­stand ab 1759 und ist heu­te ein Muse­um, in der u. a. auch die kata­stro­pha­len Arbeits­be­din­gun­gen in den Sil­ber­mi­nen, in denen auch indi­ge­ne Zwangs­ar­bei­ter arbei­te­ten, the­ma­ti­siert wer­den.

Natür­lich gibt es auch in Poto­sí wie­der vie­le Kir­chen. Im Kar­me­li­ter­klos­ter Con­ven­to de San­ta Tere­sa leb­ten frü­her Non­nen in völ­li­ger Abge­schie­den­heit von der Außen­welt. Um im Klos­ter auf­ge­nom­men zu wer­den, was im Alter von etwa 15 Jah­ren geschah, muss­ten die Eltern einen hohen Betrag an das Klos­ter zah­len. Beim Ein­tritt in das Klos­ter hat die jun­ge Novi­zin ihre Eltern das letz­te Mal in ihrem Leben gese­hen.

Kom­mu­ni­zie­ren konn­ten die Non­nen mit der Außen­welt nur durch Dreh­tü­ren, durch die auch Geschen­ke aus­ge­tauscht wer­den konn­ten. Sehen durf­ten sie die Men­schen, die außer­halb des Klos­ters leb­ten, nicht. An der hei­li­gen Mes­se der Klos­ter­kir­che nah­men sie in einem durch ein Git­ter abge­trenn­ten Neben­raum teil. Erst nach dem Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zil wur­den die Vor­schrif­ten gelo­ckert.

Das Klos­ter habe ich in einer lan­gen und aus­führ­li­chen Tour besich­tigt. Irgend­wo konn­te man auch Werk­zeu­ge zur Selbst­gei­ße­lung sehen.

Wei­te­re Kir­chen in Poto­sí sind der Con­ven­to de San Fran­cis­co, die Igle­sia La Mer­ced, die Igle­sia de San­to Dom­in­go und der Tor­re de la Com­pa­ñía.

Ein bedeu­ten­der Sil­ber­mi­nen­be­sit­zer in Poto­sí war im 17. Jahr­hun­dert Anto­nio López de Qui­ro­ga. Er war sei­ner­zeit der reichs­te Mann in der Regi­on. Heu­te befin­det sich in sei­nem Haus eine Schu­le.

Hier noch ein paar Ein­drü­cke aus den Stra­ßen von Poto­sí. Die Cal­le Chu­qui­saca ist bei Tou­ris­ten beson­ders beliebt.

Der Arco de Cobi­ja trenn­te frü­her den spa­ni­schen vom indi­ge­nen Teil der Stadt. Von hier aus wur­de auch das in den Sil­ber­mi­nen des Cer­ro Rico gewon­ne Sil­ber mit Lamas bis zum Pazi­fik beför­dert. Heu­te ist der Arco ein belieb­tes Foto­mo­tiv.

Am 31. Okto­ber wur­de auch in Boli­vi­en der aus Mexi­ko bekann­te Día de los Muer­tos gefei­ert. Am Abend herrsch­te in den Stra­ßen ein ziem­li­ches Gedrän­ge.

Am Aller­hei­li­gen­tag habe ich an einer »Free Wal­king Tour« teil­ge­nom­men. An die­sem Tag stel­len die Fami­li­en zu Hau­se Altä­re für die Ver­stor­be­nen auf und ver­tei­len Gebäck an die Anwe­sen­den. Auch an Alko­hol man­gelt es nicht. Im Rah­men der Stadt­füh­rung waren wir an meh­re­ren sol­chen fami­liä­ren Orten und wur­den dort freund­lich emp­fan­gen und reich­hal­tig mit Gebäck und Alko­hol ver­sorgt. Zum Abschied haben wir dann jedes Mal ein klei­nes Trink­geld gege­ben. Ohne die Füh­re­rin der Tour wäre ich mir da ziem­lich fehl am Platz vor­ge­kom­men. Aller­dings habe ich auch Kin­der gese­hen, die durch die Stadt zogen und sich über­all mit Gebäck ver­sorg­ten.

Am fol­gen­den Tag ging es zum Cer­ro Rico. Hier haben bereits die Inkas Sil­ber abge­baut. Das Sil­ber­vor­kom­men ist seit dem frü­hen 19. Jahr­hun­dert stark zurück­ge­gan­gen und heu­te prak­tisch bedeu­tungs­los gewor­den. Heu­te wer­den am Cer­ro Rico haupt­säch­lich Zink und ande­re Mine­ra­li­en abge­baut. Nach­dem der boli­via­ni­sche Staat die Sil­ber­mi­nen auf­ge­ge­ben hat, sind sie von Koope­ra­ti­ven über­nom­men wor­den. Die Arbeits­be­din­gun­gen sind immer noch kata­stro­phal.

Am Cer­ro Rico füh­ren ehe­ma­li­ge Minen­ar­bei­ter Tou­ren durch die Sil­ber­mi­nen durch. Nor­ma­ler­wei­se kann man auf die­sen Tou­ren die Minen­ar­bei­ter bei ihrer Arbeit sehen. Der Tag mei­nes Besuchs war jedoch der Sams­tag nach Aller­hei­li­gen und es war kein Arbei­ter da. Den­noch habe ich eine Tour gemacht und die Minen gese­hen. Vor der Tour ging es in einen klei­nen Laden in Poto­sí, wo wir für die Minen­be­sich­ti­gung ein­ge­klei­det wur­den und sich jeder Teil­neh­mer ein Geschenk für die Minen­ar­bei­ter gekauft hat, da die­se sich ihre Arbeits­aus­rüs­tung selbst besor­gen müs­sen. Ich habe eine Packung Dyna­mit als Geschenk gewählt. Auf dem Cer­ro Rico wur­den die Geschen­ke dann spä­ter abge­ge­ben.

In den Minen war die Luft ziem­lich heiß und es roch nach gif­ti­gen Gasen, wes­we­gen wir wäh­rend der Besich­ti­gung einen Mund-Nasen-Schutz getra­gen haben. Das hat aller­dings dazu geführt, dass mei­ne Bril­le stän­dig beschla­gen war.

Es gibt auch reli­giö­se Orte in den Sil­ber­mi­nen, wo man für sei­ne Arbeits­si­cher­heit opfern kann. Direkt hin­ter dem Ein­gang steht eine Teu­fels­fi­gur, genannt Tío, zu Deutsch »Onkel«. Spä­ter kamen wir noch an einer Sta­tue von Pacha­ma­ma, der Mut­ter Erde, vor­bei. Die Füh­re­rin der Tour ver­sorg­te Pacha­ma­ma mit Ziga­ret­ten und Alko­hol.

In Spa­ni­en kam es im 16. Jahr­hun­dert wegen des Zuflus­ses ame­ri­ka­ni­schen Sil­bers zu einer hohen Infla­ti­on. Die Beob­ach­tung des Zusam­men­hangs zwi­schen der Zunah­me der Geld- oder Sil­ber­men­ge und der Zunah­me der Prei­se führ­te in der Öko­no­mie zur For­mu­lie­rung der Quan­ti­täts­theo­rie des Gel­des.


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